veröffentlicht am: 13.03.2023
Das Bild zeigt meine zwei Mitbringsel von der 5. Synodalversammlung: das schöne Synodalkreuz und das Sitzkissen, das mir Birgit Mock geschenkt hat.
Im Synodalen Weg haben wir hart und (fast immer) fair miteinander gerungen. Viele Synodale haben sich mit für sie wichtigen Themen, mit ihrer Liebe zur Kirche, aber auch ihren Enttäuschungen und Verletzungen eingebracht. In den Foren wurde unfassbar viel Zeit investiert, auf hohem Niveau argumentiert und manchmal um jedes Wort gerungen. Für all das bin ich sehr dankbar.
Die Ergebnisse, die wir gerade bei der letzten Versammlung erzielt haben, betrachte ich mit gemischten Gefühlen. Wäre der Beschlusstext über die Öffnung der Weiheämter für Frauen gescheitert, hätte dies vermutlich zu einem erneuten Eklat in der Synodalversammlung und vielen Verletzungen geführt. Die konkreten Formulierungen im nun beschlossenen Text gehen allerdings nicht über das hinaus, was die Würzburger Synode bereits vor 50 Jahren gefordert hat. Nach der lehramtlichen Brandmauer, die Johannes Paul II. mit „Ordinatio sacerdotalis“ aufgestellt hat, muss man es aber wohl schon als Erfolg werten, wenn die Forderungen von damals von den Bischöfen von heute bekräftigt werden. Ich hätte mir deutlich schärfer formulierte Aussagen und Forderungen gewünscht. Sie waren nicht durchsetzbar. „Gleich und berechtigt“? Wohl noch lange, lange nicht. Leider!
Was die Öffnung des Priestertums für Verheiratete angeht, bin ich dankbar für den differenzierten Text. Er bekräftigt die Appelle, die sich schon seit Jahrzehnten aus Deutschland aber auch aus anderen Teilen der Weltkirche an Rom richten – aber wohl auch diesmal ungehört verhallen werden.
Der größte Erfolg der 5. Synodalversammlung sind für mich diejenigen Beschlusstexte, die ein deutliches Signal der Anerkennung und Wertschätzung an Menschen senden, die durch die bisherige Lehre und Praxis der Kirche ausgegrenzt und verletzt wurden. Gleichgeschlechtlichen Paaren oder Menschen in zweiter Ehe wurde der Segen mit Begründungen verweigert wie: „Die Sünde kann man nicht segnen.“ Ihnen wurden die Sakramente vorenthalten, weil sie „hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren“ (can. 915) würden. Solche Formulierungen sind tief verletzend und haben viel Unglück im Leben von Menschen angerichtet. Gott sei Dank ist die Botschaft der Kirche an Paare, die nicht heiraten können, nun eine ganz andere: „Es ist gut, dass ihr da seid und dass ihr eure Liebe miteinander lebt. Wir segnen diese Liebe, die Gott längst gesegnet hat.“ Ich hoffe, dass diese Botschaft hilft, manche Verwundungen zu heilen. In der Synodalversammlung habe ich meine Erwartung geäußert, dass die Kirchen diejenigen, denen sie den Segen bisher verweigert hat, um Verzeihung bittet für die Wunden, die dadurch gerissen wurden.
Der Handlungstext zu geschlechtlicher Vielfalt bringt unmissverständlich zum Ausdruck: Trans- und intergeschlechtliche Menschen sind genau so von Gott geschaffen, wie sie sind und von Anfang an gut und bedingungslos geliebt. Sie gehören nicht an den Rand der Kirche, sondern in unsere Mitte – so wie sie auch ein unverzichtbarer Teil unserer Synodalversammlung waren. Diesen Synodalen wurde in unserer Versammlung über die Jahre hinweg einiges zugemutet. Ich bin ihnen so dankbar, dass sie ausgehalten haben! Und gerade bei ihnen hoffe ich, dass die Beschlüsse vom Samstag sie ein wenig versöhnt haben.
Der Text zur „Laienpredigt“ berührt einen Bereich, in dem es viel Verlogenheit in der Kirche gibt. Offiziell dürfen Pastoralreferentinnen und Gemeindereferenten in der Eucharistiefeier immer noch nicht predigen. Unfassbar! Faktisch tun sie es fast überall. Gott sei Dank! Auf die Vielfalt und den Reichtum, den sie durch ihr Zeugnis einbringen – das konnte ich auch in der Synodalversammlung immer wieder erleben – können wir als Kirche überhaupt nicht verzichten. Der Beschlusstext bringt zum Ausdruck, dass die Öffnung des Predigtdienstes in der Eucharistiefeier von der Kirche nicht nur stillschweigend geduldet, sondern ausdrücklich gewünscht wird. Ich hoffe, dass die Bischöfe dies nun auch durch offizielle Beauftragungen ihrer Mitarbeitenden zum Predigtdienst zum Ausdruck bringen.
Beim Thema „Macht und Gewaltenteilung“ lagen kurz vor der Versammlung alle Nerven blank. Eine Woche zuvor hat der Apostolische Nuntius versucht, die Bischöfe bei diesem Thema auf die römische Linie einzuschwören. Der Brief aus Rom vom Januar zeigt, dass man unsere Texte dort studiert hat. Leider nicht richtig. Denn die Synodalen Räte, die „scheinbar“ die Autorität der Bischöfe untergraben, gibt es gar nicht und soll es auch nicht geben. Der Titel des eingebrachten Beschlusstextes bringt auf den Punkt, um was es uns im Forum 1 geht: „GEMEINSAM beraten und entscheiden“. Leider hat der römische Gehorsamsappell seine Wirkung nicht verfehlt. Die Äußerungen nicht weniger Bischöfe in der Versammlung – auch von einigen, von denen ich es nicht erwartet hätte – waren ein Offenbarungseid. Von einem „Wir haben verstanden!“ keine Spur mehr. Das Zauberwort der Stunde war „Letztverantwortung des Bischofs“. Der massive Widerstand aus Rom und unter den Bischöfen zeigt, dass wir mit dem Beschlusstext den Finger in die entscheidende Wunde gelegt haben: die Machtarchitektur der Kirche. Sie wird von den Machtinhabern sakralisiert und mit allen Mitteln verteidigt. Die Bischöfe sind zu Reformen bereit – außer, wenn es um ihr eigenes Amt geht und die damit verbundenen Privilegien. In der Synodalversammlung haben wir deutlich unsere „rote Linie“ markiert. Ein „Gemeinsam beraten und einsam entscheiden“ wird es mit uns nicht geben. Da eine 2/3-Mehrheit nicht mehr erreichbar schien, haben wir den Text zurückgezogen, statt ihn verwässern zu lassen. Aber das Papier ist nicht vom Tisch! Wir werden es im Synodalen Ausschuss zeitnah wieder vorlegen – und dort sicher nicht locker lassen. Denn wenn Macht in der Kirche nicht wirksam geteilt, begrenzt und kontrolliert wird, werden wir bei der Bekämpfung der systemischen Ursachen von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt nicht vorankommen. Wie wichtig das ist, das hat uns die Performance „Verantwort:ich“ am Donnerstag noch einmal eindrucksvoll vor Augen geführt. Danke dafür!
Wir sind am Ende des Synodalen Wegs. Also am Anfang.